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2. 

Endlich war Jahrmarktstag. Walburga und Isolde probierten schon den ganzen Morgen ein Gewand nach dem anderen an.
„Wir müssen uns beeilen, unsere Männer werden jeden Moment da sein!“ Isolde schnürte ein burgunderrotes Mieder, das zu ihrem langen, dunklen Haar fast ein bisschen romantisch wirkte. Sie hatte sich nun doch für dieses etwas weniger auffällige Gewand entschieden. Hauptsächlich, weil sie keine Lust mehr hatte, sich zum zehnten Mal umzuziehen. 
Walburga stand – noch immer im Hemd – vor einem gebleichten Wollkleid mit goldenen Borten, welches wunderschön ihre sandfarbenen Flechten zur Geltung brachte. Daneben hing ein grünes Gewand aus schwerem Leinen. 
„Das Helle ist auf jeden Fall wärmer, aber auf dem Jahrmarkt ist es sicherlich so schmutzig, dass es hernach ruiniert wäre.“
„Nimm das Grüne und zieh einen warmen Umhang darüber“, sagte Isolde, abwesend an einem Knoten ihrer Schnürung fummelnd. 
„Aber ein Umhang würde meine schmale Taille verdecken, und die ist gerade das, was ich am ehesten aufzubieten habe.“ Die beiden Frauen schauten sich an und lachten. 
Der Jahrmarkt war eins der wenigen aufregenden Ereignisse in diesem Herbst. Wie jedes Jahr würden Walburga und Isolde mit ihren Ehemännern in die Stadt fahren, um das Spektakel zu besuchen. Aktuell befanden sie sich auf dem großzügigen Landsitz von Johann und Walburga, von wo aus der Weg in die Stadt kürzer war. 
Die beiden jungen Paare verbrachten hier viel gemeinsame Zeit. Das Gut war größer und komfortabler als das von Gottfried und Isolde. Und vor allem gehörte es Johann. Zwar wohnten auch Isolde und ihr Gatte auf einem reichen Landsitz, aber dort lebte auch Gottfrieds Vater, der seinen Sohn für einen Nichtsnutz und seine Schwiegertochter für eine Mitgiftjägerin hielt. Gäste sah er per se nicht gern und so traf es sich gut, dass Johann stets ein offenes Haus für seine besten Freunde hatte. 
Draußen knirschten Kutschräder auf dem Kies und die Frauen beeilten sich mit ihrer Garderobe. Als sie die große Treppe in den Empfangssaal hinuntereilten, hinterließen sie in Walburgas Ankleidezimmer ein entsetzliches Chaos. Aber das würden die Mägde aufgeräumt haben, noch ehe sie wieder zurückkehrten.
Johann und Gottfried erwarteten ihre Gattinnen am Fuß der Treppe. Auch sie freuten sich auf den Jahrmarkt, ließen es sich aber nicht so sehr anmerken. Gottfried trug, wie immer, einen Anzug in gedeckten Farben und einen strengen Zopf, wohingegen Johann die Gelegenheit nutzte, sich in Schale zu werfen: apfelgrüne Kniebundhosen mit gelben Strümpfen und Schnallenschuhen und dazu ein rostfarbener Umhang. Seine dunklen Locken trug er offen, bis auf die Schultern hängend. Prachtvoll sah er aus, und Walburga war sehr froh, das moosgrüne Gewand gewählt zu haben, welches sich vorzüglich zu den Farben ihres Gatten gesellte. Strahlend schritten die beiden einander entgegen. Sie liebten solche Anlässe und waren entschlossen, den Tag in vollen Zügen zu genießen. 
Gottfried und Isolde freuten sich ebenfalls auf den Jahrmarktbesuch, auch wenn sie längst nicht so ein prachtvoll schillerndes Paar abgaben. Fröhlich bestiegen alle vier die wartende Kutsche. Es war dies ein wundervolles Gefährt aus polierter Rotbuche mit glänzenden Messingbeschlägen. 
„Ich dachte, wir nehmen zum Jahrmarkt lieber die einfache Kutsche“, erklärte Johann entschuldigend. „Ich hätte Sorge, der edle Vierspänner könnte dort im Gewühl Schaden nehmen.“ 
Gottfried rollte mit den Augen. Die Rotbuchene als „einfach“ zu bezeichnen, war eine maßlose Untertreibung. Aber Johann hatte nun mal ein Faible für Kutschen und stellte dies bei Gelegenheit auch gern in den Vordergrund. Isolde grinste und stieß ihren Mann ermahnend mit dem Ellenbogen in die Seite. 
„Ich finde, es ist eine Zumutung, uns in diesen alten Bauernkarren zu pferchen!“, frotzelte Gottfried, und alle lachten. Es würde ein wunderbarer Tag werden.
Der Jahrmarkt war bereits gut besucht, obwohl es kaum Mittag war. Schon von weitem hörten sie viele verschiedene Lieder gleichzeitig und dazwischen Rufe, Jubeln und applaudierendes Händeklatschen. Düfte von Gebratenem und Gebäck wehten ihnen verlockend entgegen.
„Oh, kommt, schnell“, rief Isolde, als die Kutsche endlich in einer langen Reihe weiterer Wagen anhielt. Sie konnte es kaum abwarten, bis der Diener das Treppchen ausgeklappt und die Tür geöffnet hatte. Sie stürzte dem verblüfften Bediensteten fast in die Arme. Die anderen verließen das Gefährt auf etwas elegantere Weise. 
Noch bevor sie den eigentlichen Jahrmarkt erreicht hatten, waren die Säume der Frauenkleider schon verschmutzt und an ihren ledernen Schuhen klebte zäher Schlamm. Aber das machte ihnen gar nichts aus. 
Sie stürzten sich ins Getümmel und überließen sich voller Genuss all den vielfältigen Darbietungen und Köstlichkeiten. 
Auf dem Markt hatten sich zahlreiche Handwerker versammelt, die ihre Waren feilboten. Gerber und Schuster präsentierten streng riechendes Lederzeug, Kerzenmacher waren da, Holzschnitzer, Fassbinder, Korbflechter, Silber- und Waffenschmiede, Schneider, Weber und alle erdenklichen anderen Gewerbe und Händler. 
Walburga kaufte bunte Seidentücher und allerlei metallenen Tand, mit dem sie das Haus zu schmücken gedachte. Isolde lockte es mehr zu kandierten exotischen Früchten und fremdländischen Gewürzen. Die Herren folgten ihren Damen gutmütig an den Verkaufsständen entlang. Sie ließen sich mit allerlei Päckchen und Beutelchen beladen und vertrieben sich die Zeit damit, die vielen schönen Damen in gelben Gewändern zu bewundern, die jenseits der Stände unter Bäumen flanierten und ihnen unmissverständliche Blicke zuwarfen.
Schließlich gelangten sie auf einen großen, runden Platz inmitten der Marktbuden. Dort schickte sich gerade eine Gruppe von Gauklern an, ihre Vorführung zu beginnen. Musikanten spielten eine fröhliche Melodie, zu der die Künstler tanzten und dabei allerlei Kunststücke vorführten.
Aaaahs und Ooooohs schallten durch die Menge, wenn sich einer der Gaukler auf schier unglaubliche Weise verbog, als wäre er eine Schlange. Die Gruppe vollführte tollkühne Sprünge und Saltos bis die Menge vor Begeisterung jubelte. 
Als sich die Künstler nach ihrer Darbietung verbeugten, prasselten viele kleine Münzen auf sie hernieder. Auch Isolde und Walburga warfen mit hellen Bravo-Rufen die Kupferstücke in das Rund, die ihre Männer ihnen reichlich in die Hände gaben. 
Aber noch war die Vorführung nicht zu Ende. Im Gegenteil - die biegsamen Turner schienen nur ein Vorgeplänkel gewesen zu sein, um Zuschauer anzulocken. Denn jetzt kam die eigentliche Attraktion: In das leere Rund trat – ein Narr! 
Er war groß und schlank und auf dem Kopf trug er ein turbanartiges Gebilde aus gelben und grünen Stoffstreifen, an deren Enden klingende Schellen befestigt waren. Sein blaues Kleid war über und über mit bunten Blumen bestickt und die grün bestrumpfhosten Beine steckten in weichen, blauen Lederstiefeln. 
Er trat in die Mitte des runden Platzes, stellte sich dort aufrecht hin und tat erst einmal gar nichts, außer den Menschen nacheinander lächelnd in die Augen zu blicken. Der Narr war nicht nur durch seine prachtvollen Kleider eine beeindruckende Erscheinung - er strahlte eine so ungeheure Lebensfreude aus, als wäre er die Sonne selbst. 
Sein Lächeln war so leuchtend und einnehmend, dass die Menge nach und nach begann, zu applaudieren. Als alle klatschten und dabei über sich selbst lachten, weil der Gaukler ja noch überhaupt gar nichts dargeboten hatte, da breitete er seine Arme aus. Er streckte den Menschen die Hände entgegen, als wolle er sagen: „Willkommen! Ich liebe euch! Ich liebe euch so sehr!“ 
Diese kleine Geste war so umwerfend herzlich, dass jetzt der Applaus erst richtig aufbrauste. Die Menge klatschte und trampelte so laut, dass die leise einsetzende Musik zuerst gar nicht zu hören war. Sowie aber der Narr begann, sich langsam, in ganz kleinen Bewegungen, zur Melodie zu wiegen, da wurde die Menge still, denn niemand wollte etwas von diesem Tanz verpassen. 
Der bunte Gaukler schien vor ihren Augen in Trance zu fallen und alles um sich herum zu vergessen. 
Er tanzte in einer Anmut, die so manchem der Umstehenden Tränen in die Augen trieb. Er drehte sich und überließ seinen Körper einer Brise, einem Wind und einem Sturm, die nur er fühlen konnte. Selbst die Musikanten waren seinem Zauber verfallen und es schien, als bewege sich nicht der Tänzer zur Musik, sondern, als folge die Melodie der Bewegung des Tänzers. 
Vollkommen von dieser Darbietung in Bann gezogen, vergaßen die Zuschauer, wo und wer sie waren, und Frauen wie Männer unterlagen ganzen Serien von Schaudern und Seufzern. 
Diebe machten fette Beute, denn niemand spürte mehr eine Hand in seiner Tasche oder einen abgeschnittenen Beutel. 
Viel zu früh fand die Melodie zu ihren Schlussakkorden. Und viel zu früh versank der tanzende Narr in schwebende Bewegungen, die von Wehmut und Abschied erzählten, bis er schließlich in demutsvoller, tiefer Verbeugung innehielt. 
Der Applaus war rasend, die Menge klatschte mit strahlendem Lächeln und unter Tränen. Jubelrufe, Bravos und Pfiffe nahmen kein Ende, während ein wahrer Hagel von Münzen auf den immer noch still verharrenden Künstler herniederging.
Nur sehr langsam ebbte das Klatschen ab. Noch hatten die Zuschauer nicht bemerkt, dass ihr kurzes Glücksgefühl schamlos von Beutelschneidern ausgenutzt worden war. Immer noch beseelt verlief sich die Menge recht bald, als deutlich wurde, dass für den Moment keine weitere Darbietung folgen würde. 
Es war Walburga, die sich wieder einmal danebenbenahm und schnurstracks auf den Narren zuhielt, der sich gerade von einem Diener einen warmen Umhang reichen ließ. 
„Vielen Dank, mein Herr, vielen Dank, Ihr habt so wunderbar getanzt“, rief Walburga. Gleichzeitig wurde ihr klar, wie vollkommen fehl am Platze hier eine Bezeichnung wie „mein Herr“ war. Der Narr aber schaute sie mit freundlichem Lächeln an und senkte den leicht schief gelegten Kopf, um seinerseits Dankbarkeit zu demonstrieren. 
„Bitte, ich möchte Sie auf unseren Landsitz einladen. Ich werde ein großes Fest geben, nur um Ihre Darbietung zu feiern.“ Johann war abwartend hinter seine Frau getreten. Isolde und Gottfried hielten sich peinlich berührt im Hintergrund. 
Die Augen des Narren wurden für eine Sekunde schmaler, als er Walburga und ihre Begleitung in Augenschein nahm. Dann gebot er ihr mit einer Geste, einen Augenblick zu warten, und verschwand in einem kleinen Garderobenzelt am Rande des Rundes. Kurze Zeit später trat er wieder hervor und trug etwas mit sich, das in ein einfaches Tuch gewickelt war. 
„Euer Anliegen ist mir eine Ehre, werte Dame“, sprach der Tänzer, und seine Stimme klang genauso wunderbar, wie es seine Bewegungen gewesen waren. „Leider kann ich Eurer Einladung nicht nachkommen, aber als Dank für Eure Wertschätzung will ich Euch dies hier geben.“ 
Und er legte Walburga das Bündel in die Hände. Dann drehte er sich mit einer Verbeugung und einem halb ernsten, halb amüsierten Blick für Johann, Isolde und Gottfried um, und verschwand in seinem Zelt. 
Schnell fanden sich die vier in einem kleinen Kreis zusammen und Walburga schlug das Tuch zurück. Darinnen lag eine Flasche mit rotem Wein. 
„Ein wertvolles Geschenk für einen Gaukler“, sagte Johann erstaunt. 
„Wahrscheinlich ist Essig drin“, konstatierte Gottfried, was ihm vorwurfsvolle Ausrufe der Damen einhandelte. 
„Lasst uns den Wein zu Hause begutachten“, schlug Isolde vor. „Wir haben noch nicht einmal die Hälfte des Jahrmarkts gesehen!“
Und so schlugen sie die Flasche wieder in das Tuch ein und machten sich auf, den Rest des Spektakels anzuschauen. 
Sie sahen noch viele Künstler und Vorführungen, kauften hier und da etwas ein, aßen heiße Würstchen und süße Kuchen. Aber nichts von allem verzauberte sie nur annähernd so sehr, wie die Darbietung des tanzenden Narren. 
Als es Zeit wurde, sich wieder zu den Kutschen zu begeben, konnten sich die vier nicht recht von dem herrlichen Jahrmarkt trennen. Aber es half ja nichts, sie mussten zusehen, dass sie vor der Nacht wieder zu Hause waren. 
Auf dem Weg zu dem Platz, an dem die Kutschen der wohlhabenden Leute warteten, stand ein etwas abgelegenes Zelt. Es war schwarz und mit goldenen Borten und Fransen geschmückt. Die Stoffbahnen vor dem Eingang waren weit zurückgeschlagen und aus dem Inneren schimmerte warmes Licht. 
„Lasst uns da noch hineinschauen“, bat Walburga und zog Johann an der Hand mit sich. Die anderen beiden folgten.
Im Inneren des Zeltes wartete eine Wahrsagerin, wie sie auf keinem Jahrmarkt fehlen durfte. Walburga setzte sich lachend auf den Besuchersitz an einen runden Tisch gegenüber der dicken, alten Dame, die allerlei magische Utensilien um sich ausgebreitet hatte.
„Bitte sagt mir die Zukunft voraus“, strahlte Walburga die Hellseherin an, derweil Johann in seinen (beträchtlich geleerten) Taschen schon nach einer Münze für die Alte suchte. 
„Was soll ich Euch noch sagen, schönes Kind“, antwortete die Wahrsagerin und entblößte mehrere Zahnlücken. „Ihr habt, wie ich sehe, einen feinen Ehemann und seid glücklich. An was fehlt es Euch? Soll ich Euch die Zahl Eurer Kinder weissagen?“ 
Walburga aber schüttelte den Kopf. „Nein, sagt mir lieber, ob ich dem tanzenden Narren noch einmal begegnen werde.“ 
Die Alte kicherte vor sich hin. „Hat er dich auch verzaubert, ja?“ Sie holte einen kleinen, offenbar recht schweren Gegenstand unter ihrem Tisch hervor. Er war mit einem nachtblauen Tuch aus Samt bedeckt. 
„Schließt das Zelt, junger Mann“, befahl die Wahrsagerin Gottfried, der am weitesten hinten stand. Der tat, wie ihm geheißen, und zog die schwarzen Stoffbahnen vor den Eingang. Dann aber trat er mit Isolde, nah an das Tischchen heran, um sich auch diese Attraktion des Jahrmarkts nicht entgehen zu lassen.
Die Alte nahm jetzt bedächtig den blauen Samt von dem Gegenstand fort, und darunter befand sich eine perfekt runde, kristallene Kugel, ganz und gar durchsichtig, ohne den geringsten Makel und etwa so groß wie ein sehr dicker Apfel. 
„Ihr wünscht also, den Narren wiederzusehen“, sprach die Alte. Sie schien schon tief in Gedanken und auf ihre Aufgabe konzentriert. 
„Ja, er hat mir eine Flasche Wein geschenkt!“
Erstaunt hoben sich die schütteren, grauen Augenbrauen der Wahrsagerin. 
„Sehr gut, das wird uns helfen“, sagte sie. „Stellt den Wein hierher, direkt vor meine Kugel, sodass ich durch das magische Kristall daraufblicken kann.“ 
Walburga stellte die Weinflasche auf den Tisch und die Wahrsagerin beugte sich vor, um einen Blick durch ihre Kristallkugel zu tun. 
Und dann passierte ziemlich lange gar nichts. Die Alte saß still und starrte. Plötzlich stieß sie einen lauten Ruf aus, der so ähnlich wie „Haaaah!“ klang, und sprang mit einem Satz, den man ihr gar nicht zugetraut hätte, von ihrem Stuhl auf. 
„Bah!!! – Hölle und Teufel! Was bringt Ihr mir hier in mein Zelt? Verfluchte Seuche! Verschwindet, nehmt Euren Wein und Euch selbst und packt Euch!“
Erschrocken wichen die vier zurück. Was war denn jetzt passiert? 
„Aber bevor Ihr geht, bezahlt Ihr mir meine Kugel“, zischte die Alte wütend zwischen ihren verbliebenen Zähnen hervor. Sie packte den Nächststehenden – es war zufällig Gottfried – mit ihren knotigen Fingern am Kragen und schüttelte ihn, während sie mit der anderen Hand ungeniert seine Taschen durchsuchte. 
„Ihr habt meine Kugel verdorben. Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich da jemals wieder hindurchsehen will! Hier nehmt sie und seht zu, dass Ihr wegkommt!“ 
Die Alte grapschte nach der größten Münze, die sie in Gottfrieds Rocktasche finden konnte, und stopfte ihm stattdessen die Kristallkugel hinein. Dann schob sie ihre vier Besucher mit erstaunlicher Kraft vor sich her aus dem Zelt hinaus und riss hinter ihnen die Stoffbahnen zu. Man hörte sie drinnen rumoren und fluchen. Sie schien ihre Sachen zusammenzupacken.
„Verrückte Alte“, sagte Gottfried. „Kommt, lasst uns gehen, mir reicht es für heute.“
Etwas kleinlaut kehrten sie zu ihrer Kutsche zurück. 
„Was hat sie denn an der Flasche nur so aufgeregt?“, fragte sich Isolde.
„Ach, nichts“, antwortete Gottfried, der sich darüber ärgerte, dass er sich von der Alten so hatte überrumpeln lassen. „Das war sicher nur ein Trick. Wahrscheinlich hat sie hundert solcher Glaskugeln und macht das immer wieder.“ Er zog die Kugel aus der Tasche und betrachtete sie. 
„Immerhin wird sie uns bei so manchem Fest als amüsante Posse für unsere Gäste dienen“, lachte Isolde und die anderen fielen erleichtert ein.
Und so begaben sie sich auf die Heimfahrt. Das angenehme Schaukeln der Kutsche und die Dämmerung draußen am weiten Himmel ließen sie müde werden. Schweigend und vollbepackt mit allerlei Einkäufen versanken sie alle vier in ihren eigenen Gedanken über die Ereignisse dieses besonderen Tages. 
Man hätte ihren Zustand als ahnungslos bezeichnen können.


Fortsetzung im nächsten Kalendertürchen. 


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